5G Hochfrequenznetz und Krankheiten
Rubik und Brown | Journal of Clinical and Translational Research 2021; 7(5): 666-681 2
1. Einleitung
1.1. Hintergrund
Die Coronavirus-Erkrankung 2019 (COVID-19) steht seit
2020 im Mittelpunkt der internationalen Richtlinien für die
öffentliche Gesundheit. Trotz beispielloser öffentlicher Ge-
sundheitsprotokolle zur Eindämmung der Pandemie steigt die
Zahl der COVID-19-Fälle weiter an. Wir schlagen vor, unsere
Strategien im Bereich der öffentlichen Gesundheit neu zu be-
werten.
Nach Angaben des Center for Disease Control and Prevention
(CDC) ist das einfachste Modell der Krankheitsverursachung
die epidemiologische Triade, die aus drei interaktiven Fakto-
ren besteht: dem Erreger (Pathogen), der Umwelt und dem
Gesundheitszustand des Wirtes [1]. Der Erreger, das schwere
akute respiratorische Syndrom Coronavirus 2 (SARS-CoV-2),
ist Gegenstand umfangreicher Forschungsarbeiten. Die Risi-
kofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ein Wirt
an der Krankheit erkrankt, wurden bereits aufgeklärt. Um-
weltfaktoren wurden jedoch nicht ausreichend erforscht. In
diesem Beitrag haben wir die Rolle der drahtlosen Kommuni-
kationsstrahlung (Mobilfunk), eines weit verbreiteten Um-
weltstressors, untersucht.
Wir untersuchen die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die auf
einen möglichen Zusammenhang zwischen COVID-19 und
Hochfrequenzstrahlung im Zusammenhang mit drahtloser
Kommunikationstechnologie, einschließlich der fünften Ge-
neration (5G) der drahtlosen Kommunikationstechnologie, im
Folgenden als Mobilfunk bezeichnet, hinweisen. Mobilfunk
wurde bereits als eine Form der Umweltverschmutzung und
als physiologischer Stressor erkannt [2]. Die Bewertung der
potenziell gesundheitsschädlichen Auswirkungen von Mobil-
funk kann entscheidend sein für die Entwicklung einer wirk-
samen, rationalen Richtlinie für die öffentliche Gesundheit,
die dazu beitragen kann, die Ausrottung der COVID-19-Pan-
demie zu beschleunigen. Da wir kurz vor der weltweiten Ein-
führung von 5G stehen, ist es darüber hinaus von entschei-
dender Bedeutung, die möglichen gesundheitsschädlichen
Auswirkungen von Mobilfunk zu berücksichtigen, bevor die
Öffentlichkeit potenziell geschädigt wird.
5G ist ein Protokoll, das zusätzlich zu den derzeit genutzten
Mikrowellenbändern der dritten Generation (3G) und der
vierten Generation (4G) der Langzeitentwicklung (LTE)
Hochfrequenzbänder und große Bandbreiten des elektroma-
gnetischen Spektrums im riesigen Funkfrequenzbereich von
600 MHz bis fast 100 GHz nutzen wird, der auch Millimeter-
wellen (>20 GHz) umfasst. Die Zuweisung von 5G-Frequenz-
bändern ist von Land zu Land unterschiedlich. Wenn Perso-
nen auf das 5G-Netz zugreifen, werden von neuen Basisstati-
onen und Phased-Array-Antennen, die in der Nähe von Ge-
bäuden platziert sind, fokussierte, gepulste Strahlen ausgesen-
det. Da diese hohen Frequenzen von der Atmosphäre und ins-
besondere bei Regen stark absorbiert werden, ist die Reich-
weite eines Senders auf 300 Meter begrenzt. Daher müssen
bei 5G die Basisstationen und Antennen viel enger beieinan-
der stehen als bei früheren Generationen. Außerdem werden
Satelliten im Weltraum die 5G-Bänder global ausstrahlen, um
ein drahtloses weltweites Netz zu schaffen. Das neue System
erfordert daher eine erhebliche Verdichtung der 4G-Infra-
struktur sowie neue 5G-Antennen, die die Mobilfunk-Exposi-
tion der Bevölkerung sowohl innerhalb von Gebäuden als
auch im Freien drastisch erhöhen können. Es ist geplant, etwa
100.000 Satelliten in die Umlaufbahn zu bringen. Diese Infra-
struktur wird die elektromagnetische Umgebung der Welt in
einem noch nie dagewesenen Ausmaß verändern und könnte
unbekannte Folgen für die gesamte Biosphäre, einschließlich
des Menschen, haben. Die neue Infrastruktur wird die neuen
5G-Geräte versorgen, darunter 5G-Mobiltelefone, Router,
Computer, Tablets, selbstfahrende Fahrzeuge, Maschine-zu-
Maschine-Kommunikation und das Internet der Dinge.
Der globale Industriestandard für 5G wird vom 3G Partner-
ship Project (3GPP) festgelegt, das als Oberbegriff für mehre-
re Organisationen dient, die Standardprotokolle für die mobile
Telekommunikation entwickeln. Die 5G-Norm legt alle wich-
tigen Aspekte der Technologie fest, darunter die Zuweisung
des Frequenzspektrums, die Strahlformung, die Strahlsteue-
rung, das Multiplexing mit mehreren Eingängen und Ausgän-
gen sowie die Modulationsverfahren, um nur einige zu nen-
nen. 5G wird
64 bis 256 Antennen in kurzen Abständen nutzen, um eine
große Anzahl von Geräten innerhalb einer Zelle praktisch
gleichzeitig zu bedienen. Der neueste fertiggestellte 5G-Stan-
dard, Release 16, ist in dem von 3GPP veröffentlichten tech-
nischen Bericht TR 21.916 kodifiziert und kann vom 3GPP-
Server unter https://www.3gpp.org/specifications herunterge-
laden werden. Die Ingenieure behaupten, dass 5G eine bis zu
10-mal höhere Leistung als die aktuellen 4G-Netze bieten
wird [3].
COVID-19 begann in Wuhan, China, im Dezember 2019,
kurz nachdem das stadtweite 5G-Netz am 31. Oktober 2019
in Betrieb genommen worden war. COVID-19-Ausbrüche
folgten bald in anderen Gebieten, in denen 5G zumindest teil-
weise eingeführt worden war, darunter Südkorea, Norditalien,
New York City, Seattle und Südkalifornien. Im Mai 2020 be-
richtete Mordachev [4] über eine statistisch signifikante Kor-
relation zwischen der Intensität der Hochfrequenzstrahlung
und der Sterblichkeit durch SARS-CoV-2 in 31 Ländern welt-
weit. Während der ersten Pandemiewelle in den Vereinigten
Staaten waren die COVID-19 zugeschriebenen Fälle und To-
desfälle in Bundesstaaten und Großstädten mit 5G-Infrastruk-
tur statistisch höher als in Bundesstaaten und Städten, die
noch nicht über diese Technologie verfügten [5].
Es gibt seit der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg eine umfang-
reiche, von Fachleuten geprüfte Literatur, über die biologi-
schen Auswirkungen von Mobilfunk, die sich auf viele As-
pekte unserer Gesundheit auswirken. Bei der Untersuchung
dieser Literatur fanden wir Überschneidungen zwischen der
Pathophysiologie von SARS-CoV-2 und den schädlichen bio-
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logischen Auswirkungen der Mobilfunk-Exposition. Hier stel-
len wir die Beweise vor, die darauf hindeuten, dass Mobilfunk
ein möglicher Faktor ist, der COVID-19 verschlimmert.
1.2. Überblick über COVID-19
Das klinische Erscheinungsbild von COVID-19 hat sich als
sehr variabel erwiesen, mit einer großen Bandbreite an Sym-
ptomen und Schwankungen von Fall zu Fall. Nach Angaben
der CDC können frühe Krankheitssymptome unter anderem
Halsschmerzen, Kopfschmerzen, Fieber, Husten und Schüttel-
frost umfassen. Schwerere Symptome wie Kurzatmigkeit, ho-
hes Fieber und starke Müdigkeit können in einem späteren
Stadium auftreten. Auch neurologische Folgen wie Ge-
schmacks- und Geruchsverlust sind beschrieben worden.
Ing et al. [6] stellten fest, dass 80 % der Betroffenen nur
leichte oder gar keine Symptome haben. Ältere Menschen
und solche mit Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Dia-
betes und Fettleibigkeit haben jedoch ein höheres Risiko für
eine schwere Erkrankung [7]. Das akute Atemnotsyndrom
(ARDS) kann rasch auftreten [8] und zu schwerer Atemnot
führen, da die Endothelzellen, die die Blutgefäße auskleiden,
und die Epithelzellen, die die Atemwege auskleiden, ihre In-
tegrität verlieren und proteinreiche Flüssigkeit in die angren-
zenden Lungenbläschen austritt. COVID-19 kann zu einer un-
zureichenden Sauerstoffversorgung (Hypoxie) führen, die bei
bis zu 80 % der Patienten auf der Intensivstation (ICU) [9]
beobachtet wurde, die unter Atemnot leiden. Es wurden eine
verminderte Sauerstoffversorgung und erhöhte Kohlendioxid-
werte im Blut der Patienten beobachtet, obwohl die Ursache
für diese Befunde unklar bleibt.
Bei Patienten mit SARS-CoV-2-Pneumonie wurden massive
oxidative Schäden in der Lunge in Form von Luftraumtrübun-
gen beobachtet, die auf Röntgenbildern und Computertomo-
graphien (CT) dokumentiert wurden [10]. Dieser zelluläre
Stress könnte eher auf eine biochemische als auf eine virale
Ätiologie hinweisen [11].
Da sich das disseminierte Virus an Zellen anlagern kann, die
einen Rezeptor für das Angiotensin-konvertierende Enzym 2
(ACE2) enthalten, kann es sich im ganzen Körper ausbreiten
und Organe und Weichgewebe schädigen, unter anderem die
Lunge, das Herz, den Darm, die Nieren, die Blutgefäße, das
Fett, die Hoden und die Eierstöcke. Die Krankheit kann die
systemische Entzündung verstärken und einen hyperkoagu-
lierbaren Zustand hervorrufen. Ohne Antikoagulation können
intravaskuläre Blutgerinnsel verheerende Folgen haben [12].
Bei COVID-19-Patienten, die als "Langstreckler" bezeichnet
werden, können die Symptome über Monate hinweg zu- und
abnehmen [13]. Kurzatmigkeit, Müdigkeit, Gelenkschmerzen
und Brustschmerzen können zu anhaltenden Symptomen wer-
den. Auch postinfektiöser Hirnnebel, Herzrhythmusstörungen
und neu auftretender Bluthochdruck sind beschrieben worden.
Langfristige chronische Komplikationen von COVID-19 wer-
den derzeit anhand der im Laufe der Zeit gesammelten epide-
miologischen Daten definiert.
Während sich unser Verständnis von COVID-19 weiter entwi-
ckelt, bleiben Umweltfaktoren, insbesondere die elektroma-
gnetischen Felder der drahtlosen Kommunikation, uner-
forschte Variablen, die möglicherweise zu der Krankheit und
ihrem Schweregrad bei einigen Patienten beitragen. Nachfol-
gend fassen wir die Bioeffekte der Mobilfunk-Exposition aus
der über Jahrzehnte hinweg veröffentlichten, von Experten
geprüften wissenschaftlichen Literatur zusammen.
1.3. Überblick über die Bioeffekte von Mobilfunk-Expo-
sition
Organismen sind elektrochemische Lebewesen. Schwache
elektromagnetische Strahlung von Geräten wie Mobilfunkan-
tennen, drahtlosen Netzwerkprotokollen für die lokale Vernet-
zung von Geräten und den Internetzugang, die von der Wi-Fi-
Allianz als Wi-Fi (offiziell IEEE 802.11b Direct Sequence
Protocol; IEEE, Institute of Electrical and Electronic Engi-
neers) bezeichnet werden, und Mobiltelefonen kann die Re-
gulierung zahlreicher physiologischer Funktionen stören.
Nicht-thermische Bioeffekte (unterhalb der Leistungsdichte,
die zu einer Erwärmung des Gewebes führt) durch eine sehr
schwache Mobilfunk-Exposition wurden in zahlreichen wis-
senschaftlichen Veröffentlichungen mit Peer-Reviews bei
Leistungsdichten unterhalb der Expositionsrichtlinien der In-
ternationalen Kommission zum Schutz vor nicht-ionisierender
Strahlung (ICNIRP) beschrieben [14]. Es hat sich gezeigt,
dass schwacher Mobilfunk den Organismus auf allen Organi-
sationsebenen beeinflusst, von der molekularen bis zur zellu-
lären, physiologischen, verhaltensbezogenen und psychologi-
schen Ebene. Darüber hinaus hat sieer nachweislich systemi-
sche Gesundheitsschäden verursacht, darunter ein erhöhtes
Krebsrisiko [15], endokrine Veränderungen [16], eine erhöhte
Produktion von freien Radikalen [17], Schäden an der Des-
oxyribonukleinsäure (DNS) [18], Veränderungen des Fort-
pflanzungssystems [19], Lern- und Gedächtnisstörungen [20]
und neurologische Störungen [21]. Da sich die Organismen
im extrem schwachen natürlichen Hochfrequenzhintergrund
der Erde entwickelt haben, sind sie nicht in der Lage, sich an
die erhöhten Werte der unnatürlichen Strahlung der drahtlosen
Kommunikationstechnologie mit digitaler Modulation, die
kurze, intensive Impulse (Bursts) enthält, anzupassen.
In der von Fachleuten überprüften wissenschaftlichen Weltli-
teratur wurden über mehrere Jahrzehnte hinweg Belege für
schädliche biologische Wirkungen der Mobilfunk-Exposition,
einschließlich 5G-Frequenzen, dokumentiert. Die sowjetische
und osteuropäische Literatur aus den 1960er bis 1970er Jah-
ren zeigt signifikante biologische Auswirkungen, selbst bei
Expositionswerten, die mehr als
mehr als 1000 Mal unter 1 mW/cm2, dem derzeitigen Richt-
wert für die maximale Exposition der Bevölkerung in den
USA sind. Östliche Studien an Tieren und Menschen wurden
bei niedrigen Expositionswerten (<1 mW/cm2) über lange
Zeiträume (in der Regel Monate) durchgeführt. Nachteilige
biologische Auswirkungen von Mobilfunk-Expositionswerten
unter 0,001 mW/cm2 wurden auch in der westlichen Literatur
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dokumentiert. Es wurde über eine Schädigung der Lebensfä-
higkeit menschlicher Spermien einschließlich DNA-Fragmen-
tierung durch mit dem Internet verbundene Laptops bei Leis-
tungsdichten von 0,0005 bis 0,001 mW/cm2 berichtet [22].
Die chronische Exposition des Menschen bei 0,000006 -
0,00001 mW/cm2 führte zu signifikanten Veränderungen der
menschlichen Stresshormone nach der Installation einer Mo-
bilfunkbasisstation [23]. Die Exposition von Menschen ge-
genüber einer Mobilfunkstrahlung von 0,00001 - 0,00005
mW/cm2 führte zu Beschwerden über Kopfschmerzen, neuro-
logische Probleme, Schlafstörungen und Konzentrationspro-
bleme, was der "Mikrowellenkrankheit" entspricht [24,25].
Die Auswirkungen von Mobilfunk auf die pränatale Entwick-
lung bei Mäusen, die in der Nähe eines "Antennenparks" mit
Leistungsdichten von 0,000168 bis 0,001053 mW/cm2 ausge-
setzt waren, zeigten einen progressiven Rückgang der Zahl
der Neugeborenen und endeten in irreversibler Unfruchtbar-
keit [26]. Die meisten US-Forschungen wurden über kurze
Zeiträume von Wochen oder weniger durchgeführt. In den
letzten Jahren gab es nur wenige Langzeitstudien an Tieren
oder Menschen.
Erkrankungen durch Mobilfunk-Exposition sind seit den An-
fängen des Radars dokumentiert. Eine längere Exposition ge-
genüber Mikrowellen und Millimeterwellen aus dem Radar
wurde vor Jahrzehnten von russischen Wissenschaftlern mit
verschiedenen Erkrankungen in Verbindung gebracht, die als
"Radiowellenkrankheit" bezeichnet wurden. Sowjetische For-
schergruppen berichteten seit den 1960er Jahren über eine
Vielzahl von biologischen Wirkungen, die von nichtthermi-
schen Leistungsdichten von Mobilfunk ausgehen. Eine Bi-
bliographie mit über 3700 Verweisen auf die in der wissen-
schaftlichen Weltliteratur berichteten biologischen Wirkungen
wurde 1972 (überarbeitet 1976) vom US Naval Medical Re-
search Institute veröffentlicht [27,28]. Einige relevante russi-
sche Studien werden im Folgenden zusammengefasst. Unter-
suchungen an Escherichia coli-Bakterienkulturen zeigen Leis-
tungsdichtefenster für Mikrowellenresonanzeffekte bei
51,755 GHz zur Stimulierung des Bakterienwachstums, die
bei extrem niedrigen Leistungsdichten von 10-13 mW/cm2
beobachtet wurden [29], was eine extrem geringe biologische
Wirkung veranschaulicht. Kürzlich bestätigten russische Stu-
dien frühere Ergebnisse sowjetischer Forschergruppen zu den
Auswirkungen von 2,45 GHz bei 0,5 mW/cm2 auf Ratten (30
Tage lang 7 Stunden/Tag) und zeigten die Bildung von Anti-
körpern im Gehirn (Autoimmunreaktion) und Stressreaktio-
nen [30]. In einer Langzeitstudie (1 - 4 Jahre), in der Kinder,
die Mobiltelefone benutzen, mit einer Kontrollgruppe vergli-
chen wurden, wurden funktionelle Veränderungen, einschließ-
lich größerer Müdigkeit, verminderter freiwilliger Aufmerk-
samkeit und Schwächung des semantischen Gedächtnisses,
neben anderen negativen psychophysiologischen Veränderun-
gen, berichtet [31]. Wichtige russische Forschungsberichte,
die die wissenschaftliche Grundlage für sowjetische und rus-
sische Mobilfunk-Expositionsrichtlinien zum Schutz der Öf-
fentlichkeit bilden, die viel niedriger sind als die US-Richtli-
nien, wurden zusammengefasst [32].
Im Vergleich zu den in diesen Studien verwendeten Expositi-
onswerten haben wir im Dezember 2020 in der Innenstadt
von San Francisco, Kalifornien, den Umgebungspegel von
Mobilfunk zwischen 100 MHz und 8 GHz gemessen und eine
durchschnittliche Leistungsdichte von 0,0002 mW/cm2 fest-
gestellt. Dieser Wert ergibt sich aus der Überlagerung mehre-
rer Mobilfunk-Geräte. Er liegt etwa 2 χ 1010-mal über dem
natürlichen Hintergrund.
Gepulste Hochfrequenzstrahlung wie Mobilfunk zeigt im Ver-
gleich zu kontinuierlichen Wellen bei ähnlichen zeitlich ge-
mittelten Leistungsdichten qualitativ und quantitativ wesent-
lich andere (im Allgemeinen ausgeprägtere) Bioeffekte [33-
36]. Die spezifischen Wechselwirkungsmechanismen sind
nicht gut verstanden. Bei allen Arten der drahtlosen Kommu-
nikation werden extrem niedrige Frequenzen (ELF) zur Mo-
dulation der Hochfrequenzträgersignale verwendet, in der Re-
gel in Form von Impulsen, um die Kapazität der übertragenen
Informationen zu erhöhen. Diese Kombination von Hochfre-
quenzstrahlung mit ELF-Modulation(en) ist im Allgemeinen
bioaktiver, da man davon ausgeht, dass sich Organismen nicht
ohne Weiteres an solch schnell wechselnde Wellenformen an-
passen können [37-40]. Daher muss das Vorhandensein von
ELF-Komponenten von Hochfrequenzwellen durch Pulsieren
oder andere Modulationen in Studien über die biologischen
Auswirkungen von Mobilfunk berücksichtigt werden. Leider
ist die Berichterstattung über solche Modulationen unzuver-
lässig, insbesondere in älteren Studien [41].
Der BioInitiative Report [42], der von 29 Experten aus zehn
Ländern verfasst und 2020 aktualisiert wurde, bietet eine wis-
senschaftliche, aktuelle Zusammenfassung der Literatur zu
den Bioeffekten und gesundheitlichen Folgen der Mobilfunk-
Exposition, einschließlich eines Kompendiums der unterstüt-
zenden Forschung. In jüngster Zeit wurden Übersichten ver-
öffentlicht [43-46]. Zwei umfassende Übersichten über die
Bioeffekte von Millimeterwellen berichten, dass selbst kurz-
fristige Expositionen deutliche Bioeffekte hervorrufen
[47,48].
2. Methoden
Es wurde eine laufende Literaturstudie über die sich entfal-
tende Pathophysiologie von SARS-CoV-2 durchgeführt. Zur
Untersuchung eines möglichen Zusammenhangs zu Bioeffek-
ten durch Mobilfunk-Exposition zu untersuchen, haben wir
über 250 von Fachleuten begutachtete Forschungsberichte aus
den Jahren 1969 bis 2021 untersucht, darunter Übersichtsar-
beiten und Studien an Zellen, Tieren und Menschen. Wir be-
rücksichtigten die englischsprachige Weltliteratur und ins
Englische übersetzte russische Berichte über Funkfrequenzen
von 600 MHz bis 90 GHz, das Trägerwellenspektrum von
Mobilfunk (2G bis einschließlich 5G), mit besonderem
Schwerpunkt auf nichtthermischen, niedrigen Leistungsdich-
ten (<1 mW/cm2) und Langzeitexpositionen. Die folgenden
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Suchbegriffe wurden in Abfragen in MEDLINE® und dem
Defense Technical Information Center (https:// discover.dtic.
mil) verwendet, um relevante Studienberichte zu finden:
Hochfrequenz-Strahlung, Mikrowelle, Millimeterwelle, Ra-
dar, MHz, GHz, Blut, rote Blutkörperchen, Erythrozyten, Hä-
moglobin, Hämodynamik, Sauerstoff, Hypoxie, vaskulär, Ent-
zündung, pro-inflammatorisch, immun, Lymphozyten, T-Zel-
len, Zytokine, intrazelluläres Kalzium, Sympathikusfunktion,
Arrhythmie, Herz, Herz-Kreislauf, oxidativer Stress, Glutathi-
on, reaktive Sauerstoffspezies (ROS), COVID-19, Virus und
SARS-CoV-2. Berufliche Studien über Mobilfunk-exponierte
Arbeitnehmer wurden in die Studie einbezogen. Unser Ansatz
ähnelt der literaturbezogenen Entdeckung, bei der zwei Kon-
zepte, die bisher nicht miteinander verknüpft waren, bei der
Literatursuche untersucht werden, um nach Verknüpfungen zu
suchen, die neue, interessante, plausible und verständliche Er-
kenntnisse hervorbringen, d. h. eine potenzielle Entdeckung
[49]. Aus der Analyse dieser Studien im Vergleich zu den neu-
en Informationen über die Pathophysiologie von SARS-CoV-
2 haben wir mehrere Wege identifiziert, auf denen sich die ne-
gativen Bioeffekte der Mobilfunk-Exposition mit den CO-
VID-19-Manifestationen überschneiden, und unsere Erkennt-
nisse in fünf Kategorien eingeteilt.
Tabelle 1 : Bioeffekte der Exposition gegenüber drahtloser Kommunikationsstrahlung (Mobilfunk) im Zusammenhang mit CO-
VID-19-Manifestationen und deren Verlauf
Bioeffekte der Exposition gegenüber
drahtloser Kommunikationsstrahlung (Mobilfunk)
COVID-19-Manifestationen
Blutveränderungen
Kurzfristig: Rouleaux, Echinozyten
Langfristig: reduzierte Blutgerinnungszeit, redu-
ziertes Hämoglobin,
hämodynamische Störungen
Blutveränderungen
Rouleaux, Echinozyten
Hämoglobinwirkungen; vaskuläre Wirkungen
•Vermindertes Hämoglobin bei schwerer
Krankheit; autoimmunhämolytische Anämie;
Hypoxämie und Hypoxie
•Endothelschäden; beeinträchtigte Mikrozir-
kulation; Hyperkoagulation; disseminierte
intravasale Koagulopathie (DIC); Lungenem-
bolie; Schlaganfall
Oxidativer Stress:
Abnahme des Glutathion-Spiegels; Zunahme der
freien Radikale und des Lipidperoxids;
Abnahme der Superoxid-Dismutase-Aktivität; oxi-
dative Schädigung von Geweben und Organen
Oxidativer Stress
Abnahme des Glutathionspiegels; Zunahme und
Schädigung durch freie Radikale; Apoptose
•Oxidative Schädigung; Organschäden bei
schwerer Krankheit
Störung und Aktivierung des Immunsystems
Unterdrückung des Immunsystems in einigen Stu-
dien;
Hyperaktivierung des Immunsystems in anderen
Studien
Langfristig: Unterdrückung von T-Lymphozyten; er-
höhte Entzündungsbiomarker; Autoimmunität;
Organschäden
Störung und Aktivierung des Immunsystems
Verminderte Produktion von T-Lymphozyten; erhöh-
te entzündliche Biomarker. Hyperaktivierung und
Entzündung des Immunsystems; Zytokinsturm bei
schwerer Erkrankung; zytokininduzierte Hypoper-
fusion mit daraus resultierender Hypoxie; Organ-
schäden; Organversagen
Erhöhtes intrazelluläres Kalzium
Durch Aktivierung von spannungsgesteuerten Kal-
ziumkanälen an Zellmembranen, mit zahlreichen
Sekundäreffekten
Erhöhtes intrazelluläres Kalzium
Erhöhter Viruseintritt, -replikation und -freisetzung
Erhöhter NF-kB, pro-inflammatorische Prozesse,
Gerinnung und Thrombose
Auswirkungen auf das Herz
Hochregulierung des sympathischen Nervensys-
tems; Herzklopfen und Herzrhythmusstörungen
Auswirkungen auf das Herz Herzrhythmusstö-
rungen, Myokarditis; Myokardischämie; Herzschä-
den; Herzversagen
Unterstützende Belege, einschließlich Studiendetails und Zitate, finden sich im Text unter jeder Themenüber-
schrift, d. h. Blutveränderungen, oxidativer Stress usw.
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3. Ergebnisse
In Tabelle 1 sind die für COVID-19 typischen Erscheinungs-
formen einschließlich des Krankheitsverlaufs und der entspre-
chenden negativen Bioeffekte der Mobilfunk-Exposition auf-
geführt. Obwohl diese Wirkungen in Kategorien eingeteilt
sind - Blutveränderungen, oxidativer Stress, Störung und Ak-
tivierung des Immunsystems, erhöhter intrazellulärer Kalzi-
umspiegel (Ca2+) und Auswirkungen auf das Herz - muss be-
tont werden, dass diese Wirkungen nicht unabhängig vonein-
ander sind. So überschneiden sich beispielsweise die Mecha-
nismen der Blutgerinnung und der Entzündung, und oxidati-
ver Stress ist sowohl an morphologischen Veränderungen der
Erythrozyten als auch an Hyperkoagulation, Entzündungen
und Organschäden beteiligt.
3.1. Blutveränderungen
Eine Mobilfunk-Exposition kann morphologische Verände-
rungen im Blut verursachen, die durch Phasenkontrast- oder
Dunkelfeldmikroskopie von lebenden peripheren Blutproben
leicht erkennbar sind. Im Jahr 2013 beobachtete Havas in le-
benden peripheren Blutproben nach 10-minütiger Exposition
eines Menschen mit einem schnurlosen 2,4-GHz-Telefon eine
Erythrozyten-Aggregation einschließlich Rouleaux (Rollen
aus gestapelten roten Blutkörperchen) [50]. Obwohl nicht be-
gutachtet, untersuchte einer von uns (Rubik) die Auswirkung
von 4G-LTE-Mobilfunkstrahlung auf das periphere Blut von
zehn menschlichen Probanden, von denen jeder in zwei auf-
einanderfolgenden 45-minütigen Intervallen der Mobil-
funkstrahlung ausgesetzt war [51]. Es wurden zwei Arten von
Effekten beobachtet: erhöhte Klebrigkeit und Verklumpung
der roten Blutkörperchen mit Rouleaux-Bildung und anschlie-
ßender Bildung von Echinocyten (stachelige rote Blutkörper-
chen). Es ist bekannt, dass die Verklumpung und Aggregation
von roten Blutkörperchen aktiv an der Blutgerinnung beteiligt
istsind [52]. Die Prävalenz dieses Phänomens bei der Exposi-
tion gegenüber Mobilfunk in der menschlichen Bevölkerung
ist noch nicht ermittelt worden. Größere kontrollierte Studien
sollten durchgeführt werden, um dieses Phänomen weiter zu
untersuchen.
Ähnliche Veränderungen der roten Blutkörperchen sind im
peripheren Blut von COVID-19-Patienten beschrieben wor-
den [53]. Die Bildung von Rouleaux wurde bei 1/3 der CO-
VID-19-Patienten beobachtet, während die Bildung von
Sphärozyten und Echinozyten stärker variiert. Die Bindung
des Spike-Proteins an die ACE2-Rezeptoren auf Zellen, die
die Blutgefäße auskleiden, kann zu Endothelschäden führen,
selbst wenn sie isoliert sind [54]. Die Bildung von Rouleaux,
insbesondere bei zugrunde liegender Endothelschädigung,
kann die Mikrozirkulation verstopfen, den Sauerstofftransport
behindern, zu Hypoxie beitragen und das Thromboserisiko er-
höhen [52]. Die Thrombogenese im Zusammenhang mit einer
SARS-CoV-2-Infektion kann auch durch die direkte Bindung
des Virus an ACE2-Rezeptoren auf Blutplättchen verursacht
werden [55].
Weitere Auswirkungen auf das Blut wurden sowohl bei Men-
schen als auch bei Tieren beobachtet, die Mobilfunk ausge-
setzt waren. Im Jahr 1977 berichtete eine russische Studie,
dass Nagetiere, die mit 5 - 8 mm Wellen (60 - 37 GHz) bei 1
mW/cm2 für 15 min/Tag über 60 Tage bestrahlt wurden, hä-
modynamische Störungen, eine unterdrückte Bildung roter
Blutkörperchen, ein verringertes Hämoglobin und eine Hem-
mung der Sauerstoffverwertung (oxidative Phosphorylierung
durch die Mitochondrien) entwickelten [56]. 1978 zeigte eine
dreijährige russische Studie an 72 Ingenieuren, die Millime-
terwellen-Generatoren mit einer Strahlung von 1 mW/cm2
oder weniger ausgesetzt waren, einen Rückgang der Hämo-
globinwerte und der Anzahl der roten Blutkörperchen sowie
eine Tendenz zur Hyperkoagulation, während eine Kontroll-
gruppe keine Veränderungen aufwies [57]. Solche schädli-
chen hämatologischen Auswirkungen der Mobilfunk-Exposi-
tion könnten auch zur Entwicklung von Hypoxie und Blutge-
rinnung beitragen, die bei COVID-19-Patienten beobachtet
wurden.
Es wurde vorgeschlagen, dass das SARS-CoV-2-Virus Ery-
throzyten angreift und den Abbau von Hämoglobin verursacht
[11]. Virusproteine könnten die 1-beta-Kette des Hämoglo-
bins angreifen und das Porphyrin einfangen, zusammen mit
anderen Proteinen des Virus, die die Dissoziation von Eisen
und Häm katalysieren [58]. Im Prinzip würde dies die Zahl
der funktionsfähigen Erythrozyten verringern und die Freiset-
zung freier Eisenionen verursachen, die oxidativen Stress,
Gewebeschäden und Hypoxie hervorrufen könnten. Bei teil-
weise zerstörtem Hämoglobin und entzündlich geschädigtem
Lungengewebe wären die Patienten weniger in der Lage,
Kohlendioxid (CO2) und Sauerstoff (O2) auszutauschen, und
würden an Sauerstoffmangel leiden. Tatsächlich weisen einige
COVID-19-Patienten reduzierte Hämoglobinwerte auf, die
bei 7,1 g/L liegen und in schweren Fällen sogar bis auf 5,9
g/L sinken [59]. Klinische Studien an fast 100 Patienten aus
Wuhan ergaben, dass die Hämoglobinwerte im Blut der meis-
ten mit SARS-CoV-2 infizierten Patienten deutlich erniedrigt
sind, was zu einer beeinträchtigten Sauerstoffversorgung von
Gewebe und Organen führt [60]. In einer Meta-Analyse von
vier Studien mit insgesamt 1210 Patienten und 224 mit
schwerer Erkrankung waren die Hämoglobinwerte bei CO-
VID-19-Patienten mit schwerer Erkrankung im Vergleich zu
denen mit milderen Formen reduziert [59]. In einer anderen
Studie mit 601 COVID-19-Patienten wiesen 14,7 % der an-
ämischen COVID-19-Patienten auf der Intensivstation und 9
% der COVID-19-Patienten ohne Intensivstation eine autoim-
munhämolytische Anämie auf [61]. Bei Patienten mit schwe-
rer COVID-19-Erkrankung stützt ein vermindertes Hämoglo-
DOI: http://dx.doi.org/10.18053/jctres.07.202105.007
Rubik und Brown | Journal of Clinical and Translational Research 2021; 7(5): 666-681 8
MHz, bei Leistungsdichten von 0,04 - 0,127 mW/cm2 für 2
h/Tag über 7 Monate, wurden signifikante Veränderungen der
oxidativ-antioxidativen Parameter, der DNA-Strangbrüche
und der oxidativen DNA-Schäden festgestellt [85].
Es besteht eine Korrelation zwischen oxidativem Stress und
Thrombogenese [86]. ROS können eine endotheliale Dys-
funktion und zelluläre Schäden verursachen. Die endotheliale
Auskleidung des Gefäßsystems enthält ACE2-Rezeptoren, die
von SARS-CoV-2 angegriffen werden. Die daraus resultieren-
de Endotheliitis kann zu einer Verengung der Lumen und zu
einem verminderten Blutfluss zu den nachgeschalteten Struk-
turen führen. Thromben in arteriellen Strukturen können den
Blutfluss weiter behindern und Ischämie und/oder Infarkte in
den betroffenen Organen verursachen, einschließlich Lungen-
embolien und Schlaganfällen. Eine abnorme Blutgerinnung,
die zu Mikroembolien führt, war eine anerkannte Komplikati-
on in der frühen Geschichte von COVID-19 [87]. Von 184
COVID-19-Patienten auf der Intensivstation wiesen 31 %
thrombotische Komplikationen auf [88]. Kardiovaskuläre Ge-
rinnungsereignisse sind eine häufige Ursache für COVID-19-
Todesfälle [12]. Lungenembolie, disseminierte intravasale
Gerinnung (DIC), Leber-, Herz- und Nierenversagen wurden
bei COVID-19-Patienten beobachtet [89].
Zu den Patienten mit den höchsten kardiovaskulären Risiko-
faktoren bei COVID-19 gehören Männer, ältere Menschen,
Diabetiker sowie übergewichtige und hypertensive Patienten.
Es wurde jedoch auch ein erhöhtes Auftreten von Schlagan-
fällen bei jüngeren Patienten mit COVID-19 beschrieben
[90].
Oxidativer Stress wird durch Mobilfunk-Exposition verur-
sacht und ist bekanntermaßen an Herz-Kreislauf-Erkrankun-
gen beteiligt. Die allgegenwärtige Umweltexposition gegen-
über Mobilfunk kann zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitra-
gen, indem sie einen chronischen Zustand von oxidativem
Stress schafft [91]. Dies würde zu oxidativen Schäden an zel-
lulären Bestandteilen führen und die Signaltransduktionswege
verändern. Darüber hinaus kann pulsmodulierte Mobilfunk
oxidative Schäden in Leber, Lunge, Hoden und Herzgewebe
verursachen, die durch Lipidperoxidation, erhöhte Stickoxid-
konzentrationen und die Unterdrückung des antioxidativen
Abwehrmechanismus vermittelt werden [92].
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass oxidativer Stress
eine Hauptkomponente der Pathophysiologie von COVID-19
sowie der durch Mobilfunk-Exposition verursachten zellulä-
ren Schäden ist.
3.3. Störung und Aktivierung des Immunsystems
Wenn SARS-CoV-2 den menschlichen Körper zum ersten
Mal infiziert, greift es Zellen an, die die Nase, den Rachen
und die oberen Atemwege auskleiden und ACE2-Rezeptoren
beherbergen. Sobald das Virus über eines seiner Spike-Protei-
ne, d. h. die aus der Virushülle herausragenden Ausstülpun-
gen, die an die ACE2-Rezeptoren binden, Zugang zu einer
Wirtszelle erhält, verwandelt es die Zelle in eine sich selbst
vermehrende Viruseinheit.
Als Reaktion auf eine COVID-19-Infektion kommt es nach-
weislich sowohl zu einer sofortigen systemischen angebore-
nen Immunreaktion als auch zu einer verzögerten adaptiven
Reaktion [93]. Das Virus kann auch zu einer Dysregulation
der Immunantwort führen, insbesondere zu einer verminder-
ten Produktion von T-Lymphozyten. [94]. Schwere Fälle wei-
sen tendenziell niedrigere Lymphozytenzahlen, höhere Leu-
kozytenzahlen und Neutrophilen-Lymphozyten-Verhältnisse
sowie einen geringeren Anteil an Monozyten, Eosinophilen
und Basophilen auf [94]. Schwere Fälle von COVID-19 zei-
gen die größte Beeinträchtigung der T-Lymphozyten.
Im Vergleich dazu zeigen Studien an Labortieren mit gerin-
gem Mobilfunk-Gehalt ebenfalls eine Beeinträchtigung der
Immunfunktion [95]. Befunde umfassen physikalische Verän-
derungen der Immunzellen, eine Verschlechterung der immu-
nologischen Reaktionen, Entzündungen und Gewebeschäden.
Baranski [96] exponierte Meerschweinchen und Kaninchen 3
Monate lang kontinuierlich oder pulsmoduliert 3000 MHz-
Mikrowellen mit einer durchschnittlichen Leistungsdichte
von 3,5 mW/cm2 und fand nicht-thermische Veränderungen
der Lymphozytenzahl, Anomalien in der Kernstruktur und
Mitose in der erythroblastischen Zellreihe im Knochenmark
und in lymphatischen Zellen in Lymphknoten und Milz. An-
dere Forscher haben bei Tieren, die Mobilfunk ausgesetzt wa-
ren, eine verminderte Anzahl von T-Lymphozyten oder eine
unterdrückte Immunfunktion festgestellt. Kaninchen, die 3
Monate lang 3 Stunden/Tag, 6 Tage/Woche bei 2,1 GHz mit 5
W/cm2 exponiert wurden, zeigten eine Unterdrückung der T-
Lymphozyten [97]. Ratten, die 21 Monate lang bei 2,45 GHz
und 9,7 GHz für 2 Stunden/Tag, 7 Tage/Woche exponiert
wurden, zeigten eine signifikante Abnahme der Lymphozyten
und eine erhöhte Sterblichkeit nach 25 Monaten in der be-
strahlten Gruppe [98]. Lymphozyten von Kaninchen, die 6
Monate lang mit 2,45 GHz für 23 Stunden/Tag bestrahlt wur-
den, zeigten eine signifikante Unterdrückung der Immunant-
wort auf ein Mitogen [99].
Im Jahr 2009 führte Johansson eine Literaturübersicht durch,
die auch den Bioinitiative-Bericht von 2007 einschloss. Er
kam zu dem Schluss, dass die Exposition gegenüber elektro-
magnetischen Feldern (EMF), einschließlich Mobilfunk, das
Immunsystem stören und allergische und entzündliche Reak-
tionen bei Expositionsniveaus hervorrufen kann, die deutlich
unter den derzeitigen nationalen und internationalen Sicher-
heitsgrenzwerten liegen und das Risiko für systemische Er-
krankungen erhöhen [100]. Eine 2013 von Szmigielski durch-
geführte Untersuchung kam zu dem Schluss, dass schwache
Hochfrequenz-/Mikrowellenfelder, wie sie von Mobiltelefo-
nen ausgehen, verschiedene Immunfunktionen sowohl in vitro
als auch in vivo beeinträchtigen können [101]. Obwohl die
Auswirkungen historisch gesehen etwas uneinheitlich sind,
dokumentieren die meisten Forschungsstudien Veränderungen
in der Anzahl und Aktivität von Immunzellen durch HF-Ex-
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position. Im Allgemeinen kann eine kurzzeitige Exposition
gegenüber schwacher Mikrowellenstrahlung vorübergehend
eine angeborene oder adaptive Immunantwort stimulieren,
aber eine längere Bestrahlung hemmt dieselben Funktionen.
In der akuten Phase einer COVID-19-Infektion zeigen Blut-
tests erhöhte ESR, C-reaktives Protein und andere erhöhte
Entzündungsmarker [102], die typisch für eine angeborene
Immunreaktion sind. Die rasche Virusreplikation kann zum
Absterben von Epithel- und Endothelzellen führen und un-
dichte Blutgefäße und die Freisetzung entzündungsfördernder
Zytokine zur Folge haben [103]. Zytokine, Proteine, Peptide
und Proteoglykane, die die körpereigene Immunantwort mo-
dulieren, sind bei Patienten mit leichtem bis mittelschwerem
Krankheitsverlauf leicht erhöht [104]. Bei Patienten mit
schwerer Erkrankung kann es zu einer unkontrollierten Frei-
setzung von entzündungsfördernden Zytokinen - einem Zyto-
kinsturm - kommen. Zytokinstürme entstehen durch ein Un-
gleichgewicht in der T-Zell-Aktivierung mit dysregulierter
Freisetzung von IL-6, IL-17 und anderen Zytokinen. Pro-
grammierter Zelltod (Apoptose), ARDS, DIC und Multior-
ganversagen können die Folge eines Zytokinsturms sein und
erhöhen das Sterberisiko.
Im Vergleich dazu fanden sowjetische Forscher in den 1970er
Jahren heraus, dass hochfrequente Strahlung das Immunsys-
tem von Tieren schädigen kann. Shandala [105] setzte Ratten
einen Monat lang 7 Stunden pro Tag 0,5 mW/cm2 Mikrowel-
len aus und stellte eine Beeinträchtigung der Immunkompe-
tenz und eine Induktion von Autoimmunerkrankungen fest.
Ratten, die 30 Tage lang täglich 7 Stunden lang mit 2,45 GHz
bei 0,5 mW/cm2 bestrahlt wurden, zeigten Autoimmunreakti-
onen, und 0,1 - 0,5 mW/cm2 führten zu anhaltenden patholo-
gischen
Immunreaktionen [106]. Die Exposition gegenüber Mikro-
wellenstrahlung, selbst bei niedrigen Werten (0,1 - 0,5 mW/
cm2), kann die Immunfunktion beeinträchtigen, indem sie
physikalische Veränderungen in den wesentlichen Zellen des
Immunsystems und eine Verschlechterung der immunologi-
schen Reaktionen verursacht [107]. Szabo et al. [108] unter-
suchten die Auswirkungen einer 61,2-GHz-Exposition auf
epidermale Keratinozyten und fanden einen Anstieg von IL-
1b, einem proinflammatorischen Zytokin. Makar et al. [109]
fanden heraus, dass immunsupprimierte Mäuse, die 3 Tage
lang 30 Minuten/Tag mit 42,2 GHz bestrahlt wurden, erhöhte
Werte von TNF-α aufwiesen, einem Zytokin, das von Makro-
phagen produziert wird.
Kurz gesagt, COVID-19 kann zu einer Dysregulation des Im-
munsystems und zu Zytokinstürmen führen. Im Vergleich
dazu kann eine Exposition mit schwacher Mobilfunk, wie sie
in Tierversuchen beobachtet wurde, das Immunsystem eben-
falls beeinträchtigen, wobei eine chronische tägliche Expositi-
on zu einer Immunsuppression oder einer Dysregulation des
Immunsystems einschließlich Hyperaktivierung führt.
3.4. Erhöhtes intrazelluläres Kalzium
1992 wies Walleczek erstmals darauf hin, dass elektromagne-
tische ELF-Felder (<3000 Hz) die membranvermittelte Ca2+-
Signalübertragung beeinträchtigen und zu erhöhtem intrazel-
lulärem Ca2+ führen könnten [110]. Der Mechanismus der
unregelmäßigen Steuerung von spannungsgesteuerten Ionen-
kanälen in Zellmembranen durch polarisierte und kohärente,
oszillierende elektrische oder magnetische Felder wurde erst-
mals in den Jahren 2000 und 2002 vorgestellt [40,111]. Pall
[112] stellte in seiner Übersicht über Mobilfunk-induzierte
Bioeffekte in Verbindung mit dem Einsatz von Kalziumkanal-
blockern (CCB) fest, dass spannungsabhängige Kalziumkanä-
le eine wichtige Rolle bei den Bioeffekten von Mobilfunk
spielen. Die Aktivierung der spannungsabhängigen Kalzium-
kanäle führt zu einer Erhöhung des intrazellulären Ca+2, und
dies ist möglicherweise einer der wichtigsten Wirkmechanis-
men von Mobilfunk auf Organismen.
Intrazelluläres Ca2+ ist für den Eintritt, die Replikation und
die Freisetzung von Viren unerlässlich. Es wurde berichtet,
dass einige Viren spannungsabhängige Kalziumkanäle mani-
pulieren können, um das intrazelluläre Ca2+ zu erhöhen und
so den Eintritt und die Replikation des Virus zu erleichtern
[113]. Forschungen haben gezeigt, dass die Interaktion zwi-
schen einem Virus und spannungsabhängigen Kalziumkanä-
len den Eintritt des Virus in die Wirtszelle beim Schritt der
Fusion zwischen Virus und Wirtszelle fördert [113]. Nachdem
das Virus an seinen Rezeptor auf einer Wirtszelle gebunden
hat und durch Endozytose in die Zelle gelangt ist, übernimmt
das Virus die Wirtszelle, um seine Bestandteile zu fabrizieren.
Bestimmte virale Proteine manipulieren dann Kalziumkanäle
und erhöhen dadurch das intrazelluläre Ca2+, was die weitere
virale Replikation erleichtert.
Auch wenn keine direkten Beweise vorliegen, gibt es indirek-
te Hinweise darauf, dass eine erhöhte intrazelluläre Ca2+-
Konzentration bei COVID-19 eine Rolle spielen könnte. In
einer kürzlich durchgeführten Studie überlebten ältere hospi-
talisierte COVID-19-Patienten, die mit CCBs, Amlodipin
oder Nifedipin, behandelt wurden, eher und mussten seltener
intubiert oder mechanisch beatmet werden als Kontrollperso-
nen [114]. Darüber hinaus schränken CCBs das Eindringen
von SARS-CoV-2 und die Infektion in kultivierten epithelia-
len Lungenzellen stark ein [115]. CCBs blockieren auch den
Anstieg des intrazellulären Ca2+, der durch die Exposition
mit Mobilfunk und anderen elektromagnetischen Feldern ver-
ursacht wird [112].
Intrazelluläres Ca2+ ist ein ubiquitärer zweiter Bote, der Si-
gnale, die von Zelloberflächenrezeptoren empfangen werden,
an Effektorproteine weiterleitet, die an zahlreichen biochemi-
schen Prozessen beteiligt sind. Erhöhtes intrazelluläres Ca2+
ist ein wesentlicher Faktor für die Hochregulierung des Tran-
skriptionskernfaktors KB (NF-kB) [116], eines wichtigen Re-
gulator der pro-inflammatorischen Zytokinproduktion sowie
der Gerinnungs- und thrombotischen Kaskaden. Es wird an-
genommen, dass NF-κΒ ein Schlüsselfaktor für die schweren
klinischen Manifestationen von COVID-19 ist [117].
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Kurz gesagt, die Exposition gegenüber Mobilfunk kann daher
die Infektiosität des Virus durch Erhöhung des intrazellulären
Ca2+ erhöhen, was indirekt auch zu Entzündungsprozessen
und Thrombose beitragen kann.
3.5. Kardiale Auswirkungen
Herzrhythmusstörungen treten häufiger bei schwerkranken
Patienten mit COVID-19 auf [118]. Die Ursache für Herz-
rhythmusstörungen bei COVID-19-Patienten ist multifaktori-
ell und umfasst kardiale und extrakardiale Prozesse [119].
Eine direkte Infektion des Herzmuskels durch SARS-CoV-19,
die eine Myokarditis verursacht, eine myokardiale Ischämie,
die durch eine Vielzahl von Ursachen verursacht wird, und
eine Belastung des Herzens infolge einer pulmonalen oder
systemischen Hypertonie können zu Herzrhythmusstörungen
führen. Hypoxämie durch diffuse Lungenentzündung, ARDS
oder ausgedehnte Lungenembolien stellen extrakardiale Ursa-
chen für Herzrhythmusstörungen dar. Elektrolytstörungen, ein
Ungleichgewicht der intravaskulären Flüssigkeit und Neben-
wirkungen von Medikamenten können bei COVID-19-Patien-
ten ebenfalls zu Herzrhythmusstörungen führen. Bei Patien-
ten, die auf Intensivstationen aufgenommen werden, wurde
eine höhere Rate an Herzrhythmusstörungen festgestellt, die
in einer Studie 16,5 % betrug [120]. Obwohl in der Literatur
kein Zusammenhang zwischen EMF und Herzrhythmusstö-
rungen bei COVID-19-Patienten beschrieben wurde, sind vie-
le Intensivstationen mit drahtlosen Patientenüberwachungs-
und Kommunikationsgeräten ausgestattet, die ein breites
Spektrum an EMF-Belastung erzeugen [121].
COVID-19-Patienten weisen häufig erhöhte Werte von kardi-
alem Troponin auf, was auf eine Schädigung des Herzmuskels
hinweist [122]. Herzschäden werden mit Herzrhythmusstö-
rungen und erhöhter Sterblichkeit in Verbindung gebracht.
Man geht davon aus, dass Herzschäden häufiger als Folge
von Lungenembolien und viraler Sepsis auftreten, aber eine
direkte Infektion des Herzens, d. h. eine Myokarditis, kann
durch eine direkte virale Bindung an ACE2-Rezeptoren auf
Herzperizyten auftreten und den lokalen und regionalen Herz-
blutfluss beeinträchtigen [60].
Die Aktivierung des Immunsystems zusammen mit Verände-
rungen im Immunsystem kann zu einer Instabilität und Anfäl-
ligkeit der atherosklerotischen Plaque führen, d. h. ein erhöh-
tes Risiko für die Bildung von Thromben darstellen und zur
Entwicklung akuter koronarer Ereignisse und kardiovaskulä-
rer Erkrankungen bei COVID-19 beitragen.
Bezüglich der Bioeffekte der Mobilfunk-Exposition überprüf-
te Christopher Dodge von der Biosciences Division, U.S. Na-
val Observatory in Washington DC, im Jahr 1969 54 Arbeiten
und berichtete, dass hochfrequente Strahlung alle wichtigen
Systeme des Körpers beeinträchtigen kann, einschließlich der
Behinderung der Blutzirkulation, der Veränderung des Blut-
drucks und der Herzfrequenz, der Beeinflussung der Anzei-
gen des Elektrokardiographen und der Verursachung von
Brustschmerzen und Herzklopfen [123]. In den 1970er Jahren
überprüfte Glaser mehr als 2000 Veröffentlichungen über die
biologischen Auswirkungen hochfrequenter Strahlenbelastung
und kam zu dem Schluss, dass Mikrowellenstrahlung das
Elektrokardiogramm verändern, Brustschmerzen, Hyperko-
agulation, Thrombose und Bluthochdruck sowie Herzinfarkte
verursachen kann [27,28]. Auch Krampfanfälle, Konvulsio-
nen und eine Veränderung der Reaktion des autonomen Ner-
vensystems (erhöhte sympathische Stressreaktion) wurden
beobachtet.
Seither sind viele andere Forscher zu dem Schluss gekom-
men, dass eine Mobilfunk-Exposition das Herz-Kreislauf-
System beeinträchtigen kann. Obwohl die Art der primären
Reaktion auf Millimeterwellen und die sich daraus ergeben-
den Ereignisse nur unzureichend verstanden sind, wurde eine
mögliche Rolle von Rezeptorstrukturen und neuronalen Bah-
nen bei der Entwicklung von durch kontinuierliche Millime-
terwellen induzierten Arrhythmien vorgeschlagen [47]. 1997
wurde in einer Übersichtsarbeit berichtet, dass einige For-
scher kardiovaskuläre Veränderungen, einschließlich Arrhyth-
mien, beim Menschen durch langfristige schwache Exposition
mit Mobilfunk, einschließlich Mikrowellen, entdeckt haben
[124]. Die Literatur zeigt jedoch auch einige unbestätigte und
widersprüchliche Befunde [125]. Havas et al. [126] berichte-
ten, dass menschliche Probanden in einer kontrollierten, dop-
pelt verblindeten Studie hyperreagierten, wenn sie digital ge-
pulster (100 Hz) 2,45 GHz-Mikrowellenstrahlung ausgesetzt
waren, und entweder eine Arrhythmie oder Tachykardie und
eine Hochregulierung des sympathischen Nervensystems ent-
wickelten, das mit der Stressreaktion in Verbindung gebracht
wird. Saili et al. [127] fanden heraus, dass die Exposition ge-
genüber Wi-Fi (2,45 GHz gepulst bei 10 Hz) den Herzrhyth-
mus, den Blutdruck und die Wirksamkeit von Katecholami-
nen auf das Herz-Kreislauf-System beeinflusst, was darauf
hindeutet, dass Mobilfunk direkt und/oder indirekt auf das
Herz-Kreislauf-System wirken kann. Erst kürzlich haben
Bandara und Weller [91] nachgewiesen, dass Menschen, die
in der Nähe von Radaranlagen (Millimeterwellen: 5G-Fre-
quenzen) leben, ein höheres Risiko haben, an Krebs zu er-
kranken und Herzinfarkte zu erleiden. Ebenso haben Men-
schen, die beruflich exponiert sind, ein höheres Risiko für ko-
ronare Herzkrankheiten. Mikrowellenstrahlung wirkt sich auf
das Herz aus, und manche Menschen sind anfälliger, wenn sie
eine zugrunde liegende Herzanomalie haben [128]. Neuere
Forschungen deuten darauf hin, dass Millimeterwellen direkt
auf die Schrittmacherzellen des sinoatrialen Knotens des Her-
zens einwirken können, um die Schlagfrequenz zu verändern,
was Herzrhythmusstörungen und anderen Herzproblemen zu-
grunde liegen kann [47].
Kurz gesagt, sowohl COVID-19 als auch Mobilfunk-Exposi-
tion können das Herz und das kardiovaskuläre System direkt
und/oder indirekt beeinflussen.
4. Diskussion
Epidemiologen, einschließlich derjenigen der CDC, berück-
sichtigen mehrere kausale Faktoren, wenn sie die Virulenz ei-
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nes Erregers bewerten und seine Fähigkeit zur Verbreitung
und Verursachung von Krankheiten verstehen. Zu diesen Vari-
ablen gehören vor allem Umweltkofaktoren und der Gesund-
heitszustand des Wirtes. Die hier zusammengefasste Literatur
deutet auf einen möglichen Zusammenhang zwischen mehre-
ren negativen gesundheitlichen Auswirkungen der Mobilfunk-
Exposition und dem klinischen Verlauf von COVID-19 hin,
wonach Mobilfunk die COVID-19-Pandemie durch Schwä-
chung des Wirts und Verschlimmerung der COVID-19-
Krankheit verschlimmert haben könnte. Keine der hier disku-
tierten Beobachtungen beweist jedoch diesen Zusammen-
hang. Insbesondere lässt sich die Kausalität nicht nachweisen.
Offensichtlich tritt COVID-19 in Regionen mit wenig draht-
loser Kommunikation auf. Außerdem ist die relative Morbidi-
tät, die durch die Mobilfunk-Exposition bei COVID-19 verur-
sacht wird, unbekannt.
Wir erkennen an, dass viele Faktoren den Verlauf der Pande-
mie beeinflusst haben. Bevor Beschränkungen verhängt wur-
den, erleichterten die Reisemuster die Ausbreitung des Virus
und führten zu einer raschen globalen Ausbreitung. Die Be-
völkerungsdichte, das höhere Durchschnittsalter der Bevölke-
rung und sozioökonomische Faktoren haben sicherlich die
frühe Ausbreitung des Virus beeinflusst. Die Luftverschmut-
zung, insbesondere der Feinstaub PM2,5 (2,5 Mikropartikel),
die wahrscheinlich die Symptome bei Patienten mit COVID-
19-Lungenerkrankung verstärken [129].
Wir vermuten, dass Mobilfunk möglicherweise zur frühen
Verbreitung und zum Schweregrad von COVID-19 beigetra-
gen hat. Sobald sich ein Erreger in einer Gemeinschaft eta-
bliert hat, nimmt seine Virulenz zu [130]. Diese Annahme
lässt sich auf die COVID-19-Pandemie anwenden. Wir ver-
muten, dass die "Hot Spots" der Krankheit, die sich zunächst
weltweit ausbreiteten, möglicherweise durch Flugreisen ent-
standen sind, die in einigen Gebieten mit der Einführung von
5G verbunden waren. Sobald sich die Krankheit jedoch in
diesen Gemeinden etabliert hatte, konnte sie sich leichter in
benachbarte Regionen ausbreiten, in denen die Bevölkerung
weniger stark der Mobilfunk ausgesetzt war. Die zweite und
dritte Welle der Pandemie verbreitete sich, wie zu erwarten, in
Gemeinden mit und ohne Mobilfunk.
Die COVID-19-Pandemie bot uns die Gelegenheit, die mögli-
chen negativen Auswirkungen der Mobilfunk-Exposition auf
die menschliche Gesundheit genauer zu untersuchen. Die Ex-
position der Menschen gegenüber Mobilfunk in der Umge-
bung hat im Jahr 2020 als "Nebeneffekt" der Pandemie erheb-
lich zugenommen. Die Maßnahmen zur Eindämmung der
Ausbreitung von COVID-19 führten unbeabsichtigt zu einer
höheren Exposition der Bevölkerung gegenüber Mobilfunk,
da die Menschen mehr geschäftliche und schulische Aktivitä-
ten über drahtlose Kommunikation abwickelten. Die Teleme-
dizin schuf eine weitere Quelle der Mobilfunk-Exposition.
Sogar stationäre Krankenhauspatienten, insbesondere Patien-
ten auf der Intensivstation, waren einer erhöhten Mobilfunk-
Exposition ausgesetzt, da neue Überwachungsgeräte drahtlose
Kommunikationssysteme nutzten, die Gesundheitsstörungen
verschlimmern können. Die Messung der Mobilfunk-Leis-
tungsdichte im Wohn- und Arbeitsumfeld könnte wertvolle
Informationen liefern, wenn man den Schweregrad von
Krankheiten bei Patientenpopulationen mit ähnlichen Risiko-
faktoren vergleicht.
Die Frage der Verursachung könnte in künftigen Studien un-
tersucht werden. Beispielsweise könnte eine klinische Studie
bei COVID-19-Patienten mit ähnlichen Risikofaktoren durch-
geführt werden, um die tägliche Mobilfunk-Dosis bei CO-
VID-19-Patienten zu messen und nach einer Korrelation mit
dem Schweregrad der Erkrankung und dem zeitlichen Verlauf
zu suchen. Da die Trägerfrequenzen und Modulationen draht-
loser Geräte unterschiedlich sein können und die Leistungs-
dichten von Mobilfunk an einem bestimmten Ort ständig
schwanken, müssten die Patienten bei dieser Studie persönli-
che Mikrowellendosimeter (Überwachungsplaketten) tragen.
Darüber hinaus könnten kontrollierte Laborstudien an Tieren
durchgeführt werden, z. B. an humanisierten Mäusen, die mit
SARS-CoV-2 infiziert sind, wobei Tiergruppen, die minima-
ler Mobilfunk (Kontrollgruppe) sowie mittleren und hohen
Leistungsdichten von Mobilfunk ausgesetzt waren, hinsicht-
lich der Schwere und des Fortschreitens der Erkrankung ver-
glichen werden könnten.
Eine große Stärke dieses Papiers ist, dass die Beweise auf ei-
ner umfangreichen wissenschaftlichen Literatur beruhen, die
von vielen Wissenschaftlern weltweit und über mehrere Jahr-
zehnte hinweg berichtet wurde - experimentelle Beweise für
schädliche Bioeffekte von Mobilfunk-Exposition bei nicht-
thermischen Werten auf Menschen, Tiere und Zellen. Der
Bioinitiative Report [42], der 2020 aktualisiert wurde, fasst
Hunderte von wissenschaftlichen Arbeiten mit Peer-Review
zusammen, die Beweise für nichtthermische Wirkungen von
Expositionen <1 mW/cm2 dokumentieren. Dennoch wurden
in einigen Laborstudien über die gesundheitsschädlichen Aus-
wirkungen von Mobilfunk manchmal Leistungsdichten von
über 1 mW/cm2 verwendet. In der vorliegenden Studie wur-
den fast ausschließlich experimentelle Daten mit Leistungs-
dichten <1 mW/cm2 untersucht.
Ein möglicher Kritikpunkt an dieser Arbeit ist, dass schädli-
che Bioeffekte durch nichtthermische Exposition in der Wis-
senschaft noch nicht allgemein anerkannt sind.
Wissenschaft akzeptiert sind. Außerdem werden sie bei der
Festlegung der Richtlinien für die öffentliche Gesundheit in
vielen Ländern noch nicht berücksichtigt. Vor Jahrzehnten ha-
ben die Russen und die Osteuropäer beträchtliche Daten über
nichtthermische Bioeffekte zusammengetragen und daraufhin
Richtlinien mit niedrigeren Grenzwerten für Hochfrequenz-
strahlung als in den USA und Kanada festgelegt, d. h. unter-
halb der Werte, bei denen nichtthermische Effekte beobachtet
werden. Die Richtlinien der Federal Communications Com-
mission (FCC, eine US-Regierungsbehörde) und der ICNIRP
basieren jedoch auf thermischen Grenzwerten, die auf veralte-
ten Daten von vor Jahrzehnten beruhen, so dass die Öffent-
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