Psychiatrie
INTERVIEW mit Dr. med. Carlos N. Campora (Argentinien) über psychiatrische Erkrankungen und deren homöopathische Behandlung in Vorbereitung auf den Weltkongress homöopathischer Ärzte und Fachärzte 2005 in Berlin/Deutschland:
Welche psychiatrischen Erkrankungen lassen sich homöopathisch therapieren?
Die Kernidee der Homöopathie ist die Individualität - homöopathische Ärzte behandeln also Individuen. Wir behandeln nicht Krankheiten und wir verschreiben unsere Arzneimittel nicht aufgrund krankheitsbezogener Diagnosen. Jeder Patient erkrankt auf seine persönliche, spezielle, einzigartige Weise und diese unwiederholbare Art und Weise, wie er seine Krankheit durchmacht, ist Gegenstand der Behandlung. Findet der homöopathische Arzt zu dieser Individualität einen Zugang, kann er nahezu jede Art von psychischer Erkrankung lindern oder auch heilen. Es können nahezu alle psychischen Erkrankungen erfolgreich homöopathisch behandelt werden.
Warum entscheiden sich psychisch Kranke für die Homöopathie?
Aus den selben Gründen wie andere Patienten auch: Die Erfolglosigkeit und die möglichen Nebenwirkungen der so genannten "konventionellen Behandlungen".
Kombinieren Sie die Homöopathie mit schulmedizinischen Therapien?
In der überwiegenden Mehrheit der Fälle reicht die homöopathische Behandlung alleine aus, gelegentlich ist auch eine kombinierte Therapie nötig. Zum Beispiel, bis das richtige homöopathische Mittel bestimmt ist. Oder denken Sie an die vielen Patienten, die seit langem Psychopharmaka nehmen. Diese können nur stufenweise abgesetzt werden. Die begleitende homöopathische Behandlung führt zu einer Verbesserung des allgemeinen Befindens, vermeidet oder mindert sowohl die typischen Rückfallsymptome beim Absetzen der Psychopharmaka als auch mögliche Entzugserscheinungen.
Bei welchen Krankheiten zeigen sich besonders positive Verläufe?
Nur um es Ihren Leserinnen und Lesern besser darzustellen, nenne ich hier Diagnosen, bei denen im Allgemeinen sehr gute Ergebnisse erzielt werden: Angststörungen oder Phobien - auch soziale Phobien - oder Zwangsneurosen. Aber auch Lernstörungen oder ADHS bei Kindern, Depressionen und viele andere psychische Krankheiten, die unter einer homöopathischer Behandlung guten Ergebnisse zeigen.
Wo liegen bei der Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte) die besonderen Schwierigkeiten?
Bei psychisch Kranken ist die Anamnese aus mehreren Gründen schwierig: Viele Patienten können ihr Verhalten und Handeln nicht bewusst steuern oder weil sie ihre Gefühle und Gedanken nicht äußern, da sie sich ihrer schämen oder misstrauisch sind. In diesen Fällen sind Beobachtungen der Familie oder enger Freunde wichtig. Ich achte aber auch sehr darauf, wie sich der Patient in meiner Praxis verhält, wie seine Gesten sind und seine Haltung, all dies ist sehr hilfreich bei der Suche nach dem richtigen Mittel. Es ist notwendig, sich selbst in der Suche nach Details zu schulen, die einem manchmal trivial vorkommen, aber von größtem Nutzen sein können. Auf der anderen Seite drücken Patienten mit psychischen Störungen ihre Empfindungen und Gefühle häufig in der offensten Weise aus, wie negativ diese auch sein mögen und ermöglichen dem homöopathischen Arzt, die Symptome leicht zu erfassen. Aber ob durch seine Zurückhaltung oder Redeseligkeit, seine Spontaneität oder seine Neigung, einen täuschen zu wollen, in aller Regel gibt uns der Patient alle notwendigen Hinweise für eine erfolgreiche Mittelwahl, wir müssen uns nur schulen, ihn mit all unseren Sinnen wahrzunehmen.
Bei welchen Erkrankungen stößt die Homöopathie an ihre Grenzen?
Diese Frage ist schwierig zu beantworten, weil meine Erfahrungen und die anderer Ärzte zeigt, dass die wirkliche Grenze der Homöopathie im jeweiligen Krankheitsfall liegt. Natürlich stößt die Homöopathie bei einer durch eine Gefäßerkrankung ausgelösten Demenz zum Teil an ihre Grenzen, da das weitgehend zerstörte Gewebe jede Chance auf Heilung verhindert. Aber selbst bei diesem Fall ist häufig eine deutliche Besserung von Beschwerden, der Lebensqualität und eine geringere Verschlechterung der verbliebenen Funktionen zu beobachten.
Fälle wie geistiger Retardierung (Zurückgebliebenheit), Schizophrenie, Trichotillomanie (zwanghaftes Haare ausreißen) oder endogene Depression (vorwiegend erblich bedingte Depression), die bereits vorher erfolglos - auch homöopathisch - therapiert wurden und die vollständig geheilt werden konnten."